Dienstag, 19. Februar 2013

Zwei Urteile für mehr Menschlichkeit am 19.02.13 – Gerichte stärken Gleichbehandlung

Zwei europäische Gerichte (der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte [EGMR] in Straßburg und das Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in Karlsruhe) haben am heutigen Tag wegweisende Urteile zur Stärkung der Gleichbehandlung Homosexueller gefällt. Das Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) des Deutschen Grundgesetzes sowie das Diskriminierungsverbot (Artikel 14) und Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 8) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) stehen hierbei im Mittelpunkt.


Europa zeigt, dass es sich im Rahmen der Menschenrechtskonvention und der Gleichbehandlung weiter entwickeln kann und setzt damit Standards für die Zukunft.


Bundesverfassungsgericht (BVerfG) stärkt Adoptionsrecht für Homosexuelle

Das Bundesverfassungsgericht hat am 19.02.13 die Adoptionsrechte Homosexueller gestärkt. Bisher war es Homosexuellen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, verboten, ein Adoptivkind ihres Partners ebenfalls zu adoptieren. Die Nichtzulassung der sukzessiven Adoption angenommener Kinder eingetragener Lebenspartner durch den anderen Lebenspartner verletzt sowohl die betroffenen Kinder als auch die betroffenen Lebenspartner in ihrem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG).

Der Gesetzgeber hat bis zum 30. Juni 2014 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen. Bis zur gesetzlichen Neuregelung ist das Lebenspartnerschaftsgesetz mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Sukzessivadoption auch für eingetragene Lebenspartnerschaften möglich ist.

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20130219_1bvl000111.html


 

Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Straßburg) EGMR rügt Adoptionsverbot für Homosexuelle in Österreich

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall X u.a. v. Österreich (Nr. 19010/07) missbilligt das österreichische Verbot der Stiefkindadoption leiblicher Kinder durch Lebenspartnerschaften. Gleichgeschlechtlichkeit allein ist kein Grund das Recht auf Adoption zu verweigern. Bei dem Urteil ging es um die Stiefkindadoption leiblicher Kinder durch zwei lesbische Frauen in Lebenspartnerschaft. Die Stiefkindadoption leiblicher Kinder durch die Partnerin oder den Partner ist in Österreich verboten.

Der EGMR hat das als Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung gewertet, weil Österreich Stiefkindadoptionen bei unverheirateten verschiedengeschlechtlichen Paaren zulässt, sie aber Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern verwehrt. Nach Auffassung des EGMR hat die österreichische Regierung nicht dartun können, dass es für ein Kind schädlich ist, von einem gleichgeschlechtlichen Paar großgezogen zu werden oder in rechtlicher Hinsicht zwei Mütter oder zwei Väter zu haben.

In seinem Urteil der Großen Kammer im Verfahren X. und andere gegen Österreich (Beschwerdenummer 19010/07), das rechtskräftig ist, stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) heute fest:

- mit einer Mehrheit der Stimmen - dass eine Verletzung von Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) aufgrund der Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerinnen im Vergleich zu unverheirateten heterosexuellen Paaren, bei denen ein Partner das leibliche Kind des anderen adoptieren möchte, vorlag; und

- einstimmig - dass keine Verletzung von Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 8 EMRK im Vergleich der Situation der Beschwerdeführerinnen mit derjenigen von verheirateten Paaren, bei denen ein Ehepartner das leibliche Kind des/der anderen adoptieren möchte, vorlag.

http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng-press/Pages/search.aspx#{"sort":["kpdateDescending"]}

Gand Chamber judgment X and Others v. Austria - German version 19.02.13




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