Pressemitteilung 20.11.2013
Die staatliche
Schuldenbremse als politisch gewolltes Abbauprogramm sozialer Leistungen?
Aus verschiedenen Studien und
Veröffentlichungen können wir erfahren, dass die Armut in Deutschland stetig
zunimmt. Diese „Armut“ ist gesellschaftlich breit gestreut und in den
verschiedensten Gruppierungen anzutreffen.
Der vierte Armutsbericht 2013
bringt es an den Tag. Gleichzeitig veröffentlichen verschiedene Bundesländer
weitere Studien und Armutsberichte, so Berlin, Bayern, Bremen, Thüringen,
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Spiegel online berichtet in
seiner Ausgabe vom 06.03.13 über den vierten Armutsbericht "Die deutsche
Wirtschaft brummt, die Zahl der Arbeitslosen schrumpft - doch jeder siebte
Bürger ist von Armut bedroht. Nun belegt ein umstrittener Bericht der
Bundesregierung die ungleiche Vermögensverteilung im Land." Von Armut
bedroht sind unverändert zwischen 14 und 16 Prozent der Bundesbürger. Der
Bericht zeigt weiter auf, dass die reichsten zehn Prozent der Haushalte über 53
Prozent des gesamten Nettovermögens. Die gesamte untere Hälfte der Haushalte
besitzt dagegen nur gut ein Prozent.
Entsprechend des föderalen
Systems der Bundesrepublik Deutschland fällt den Kommunen in deren
Zuständigkeit zu, sich im Rahmen der Grundversorgung verstärkt in der
Armutsbekämpfung zu engagieren.
Was sind die Grundlagen
dieser Entwicklung?
Einen wesentlichen, sich immer
weiter verschärfenden Grund bildet die Schuldenbremse, die ausschließlich der
Ökonomisierung dient. Durch immer stärkere Einsparmaßnahmen ohne bundesweite
solidarische Ausgleichszahlungen, werden gerade Kommunen, die in Bundesländern
beheimatet sind welche der Schuldenbremse unterliegen, immer mehr
sozialpolitisch aufs „Abstellgleis“ gestellt.
Hintergrund dieses Handlings
bildet der deutsche Föderalismus, der im Rahmen der Föderalismusreform 1 und 2
die Ungleichbehandlung der Menschen in den verschiedenen Bundesländern und
Regionen noch verstärkt festgeschrieben hat.
Mittlerweile gibt es bereits
erste Kommunen, die den „laufenden Betrieb - die laufenden Kosten“ nicht mehr
aus eigener Kraft finanzieren können. Dabei - und auch das kann festgestellt
werden - leben die meisten Kommunen nicht einmal über ihre Verhältnisse. Um
handlungsfähig zu bleiben, sehen die Kommunen und Gemeindeverbünde ihre
Einsparmöglichkeiten vor allem im Bereich der „freiwilligen Leistungen“, in die
beispielsweise die Etats für Sozial- und Jugendhilfe fallen. Hier scheinen
Einsparungen formal einfacher und mit geringerem Widerstand der Betroffenen umsetzbar
zu sein. In diese Zeit der Haushaltsnotstände vieler Kommunen fällt zusätzlich
die Bundesgesetzgebung bzgl. des Rechtsanspruches der U 3 Betreuung. Dieser vom
Bund beschlossene Rechtsanspruch muss seinerseits erneut über die kommunalen
Haushalte durch Mehrausgaben gestemmt werden.
Anstelle diese Kommunen durch
eine bundeseinheitliche Gesetzgebung zu entlasten schnürt einerseits die
Schuldenbremse den Spielraum immer mehr ein und andererseits bürden
bundesgesetzliche Entscheidungen den Kommunen weitere Kosten auf, ohne
entsprechende Kompensationen zu schaffen.
Es hat den Anschein, als
bediene sich die Politik nunmehr mit der Schuldenbremse, die offiziell als
Maßnahme zur Schuldenreduzierung ausgewiesen ist, im eigentlichen Sinne als
Steuerung und Rückbau sozialer Leistungen. Gleichsam führt die Schuldenbremse
eine seit längerem betriebene bundesweite Zersplitterung der Leistungsgesetze
im föderalen System, u.a. in den Bereichen Soziales, Kinder- und Jugend,
Bildung und Wissenschaft, Heimrecht, Strafvollzug sowie Gesundheit, immer
weiter fort.
Diese auf „Ökonomisierung“
ausgerichtete Haltung verstößt gegen das Grundgesetz“, so Michael Leinenbach,
Bundesvorsitzender des DBSH. So wird das im Grundgesetz verankerte Recht zur
bundesweiten Wahrung der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse
entsprechend § 72 des Grundgesetzes aktuell durch die Schuldenbremse
ausgehebelt. Im Gegenzug erhalten fiskalische Notwendigkeiten einen Vorrang vor
der verfassungsmäßigen bundesweiten Wahrung der Herstellung gleichwertiger
Lebensverhältnisse
Dieser Zustand ist nicht
hinnehmbar.
Wenn gleichwertige
Lebensverhältnisse durch Verfassungsrang in Deutschland gewahrt werden müssen,
muss dringend ein Umdenken in der Politik und deren Gesetzgebung erfolgen.
·
Die
Föderalismusreform 1 und 2 der Vergangenheit bedarf einer dringenden Reform.
·
Eine
bundeseinheitliche Sozial-Gesetzgebung (inkl. der Ausführungsgesetzgebung) die
eine bundesweite Wahrung der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse
entsprechend § 72 des Grundgesetzes gewährleistet muss erlassen werden. Als
Wesentlich müssen hier vor allem die Bereiche der Daseinsvorsorge der Menschen
betrachtet werden:
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Soziales (Sozialgesetzgebung - SGB und Ausführungsgesetze)
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Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII - KJHG)
·
Bildung und Kultur
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Gesundheit
·
Das bestehende
Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern u.a. im Bereich Bildung muss
aufgehoben werden.
Finanzierungsmöglichkeiten - (Altschuldenfrage)
Paul Kirchhoff veröffentlichte
im Jahr 2012 sein Buch „Deutschland
Schuldensog“. Paul Kirchhoff Möglichkeiten auf, durch die die Länder entlastet
und diesen daher neue Spielräume für die weitere Entwicklung gegeben werden
können.
Zentrale Aussagen des
Gutachtens zum Umgang mit den Altschulden (Altschuldenfonds) sind:
Umwidmung des Solidaritätszuschlag
mit einer Zweckbindung bestehende Schulden zu tilgen.
Einführung einer
Finanztransaktionssteuer von bis zu einem Prozent.
Der DBSH hat bereits in
seiner Saarbrücker Erklärung im Jahr 2010 notwendige Schritte beschrieben:
-
Anheben der Einkommenssteuer für sehr hohe Einkommen,
-
Vermögenssteuer
-
Erbschaftssteuer
-
Schaffen einer Bürgersicherung
- Transaktionssteuer
Grundsätzlich muss beachtet
werden, sollte es zu keinen Änderungen der bestehenden Föderalismusreform sowie
der dadurch notwendigen Sozial-Gesetzgebung (im weiteren Sinne) inkl. der
Ausführungsgesetze kommen, wird in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen
die Änderung des Systems "Bundesrepublik Deutschland" hin in
einen "Staatenbund Deutschland" vollziehen und somit das
verfassungsmäßige Recht zur bundesweiten Wahrung der Herstellung gleichwertiger
Lebensverhältnisse entsprechend § 72 des Grundgesetzes verletzen.
Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter in der sozialen Arbeit sollten daher verstärkt auf Missstände
hinweisen und couragiert für die Interessen der Betroffenen eintreten.
Berlin, den 14.11.2013
Michael Leinenbach
Bundesvorsitzender
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