Und wenn dann nichts mehr zu verteilen ist und dennoch
weiter gespart werden muss, kommen alle Positionen auf den Prüfstand, die
bisher gesellschaftlich akzeptiert waren.
Ins Blickfeld gelangt ist nun die Kinder—und Jugendhilfe,
wie im beigefügten Bericht der Saarbrücker Zeitung zu lesen ist. Stand in der
Kinder- und Jugendhilfe bislang laut § 1 SGB VIII (KJHG) das Recht auf
Erziehung (Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe) im Vordergrund,
so verändert sich, auch politisch gesteuert, langsam das gesellschaftliche
Klima hin zu betriebswirtschaftlichen Debatten wie (vgl. Zitat der
Ministerpräsidentin in der Saarbrücker Zeitung vom 22.09.14) die Einführung
eines „transparenten Systems von Kennziffern“.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass dieses
Klima in einem Umfeld entsteht, in dem die im Saarland vorherrschende Dreigliedrigkeit
(Gemeinden, Landkreise, Land) im Rahmen der Schuldenbremse zur Disposition
stehen sowie der Zusammenschluss der Gemeinden zu größeren Einheiten gefordert
wird.
Was tun, wenn also die Systemfrage gestellt wird und die
unterschiedlichen Ebenen und Strukturen auf den Prüfstand kommen? Anstatt sich
dieser Frage zu widmen werden „Nebenkriegsschauplätze“ aufgebaut. Wer gibt
schon gerne politische Macht auf? Wer ist freiwillig bereit auf gewohntes,
bekanntes und „lieb gewonnenes“ zu verzichten?
Wie bundesweit zurzeit üblich stürzt sich alles auf die
Kinder- und Jugendhilfe. Fallsteigerungszahlen,
Überprüfung der Hilfesysteme und deren Anwendung, ja gar das so genannte „transparente
System von Kennziffern“ werden in die politische Debatte gebracht. Kinder- und
Jugendhilfe als „Opferlamm“ der Schuldenbremse? (http://www.michael-leinenbach.de/fileadmin/downloads/PM_DBSH_Schuldenbremse.pdf) Anbieten
tut sie sich, denn wer kann denn schon im Vorfeld sagen, ob eine Hilfeleistung
auch den gewünschten Erfolg bringt?
Öl ins Feuer wird gleichzeitig durch die Debatte gegossen,
dass sich jeweils am günstigsten Standard orientiert werden muss. Stellt sich
nur die Frage, was denn bitte der günstigste Standard ist? Legt man die
Betriebswirtschaft zu Grunde natürlich das günstigste Angebot.
Wird also aus dem bisher im SGB VIII (KJHG) vorgesehenen
Recht auf Erziehung ein auf betriebswirtschaftlicher Basis erschaffenes Recht
auf Ver-
und Bewahrung? Unbekannt ist uns das Ganz ja nicht. Blickt man zurück
in die Anfänge der Sozialen Arbeit so war das Almosenwesen ein Ursprung der
späteren Entwicklung hin zu einem Fürsorgesystem.
Stehen wir also vor einem sogenannten Zurück an den
Anfang? Kinder- und Jugendhilfe als Almosen für Bedürftige?
Die Bundesrepublik hat mit der Ratifizierung der der UN –
Behindertenrechtskonvention sich zum Ziel gesetzt, Umsetzung der Inklusion vor
Ort gerade auch in den Kommunen zu stärken. Wichtig ist hierbei auch zu
beachten, dass mit Behinderung nicht die deutsche Deutung des Wortes verbunden
ist, sondern die Deutung der UN, die exemplarisch in folgenden Schlagworten
zusammengefasst werden kann:
·
Jeder Mensch muss gut behandelt werden.
·
Jeder
Mensch hat Würde.
·
Niemand darf diskriminiert werden.
·
Jeder Mensch soll die gleichen Chancen haben.
·
Jeder Mensch darf an der Gesellschaft teilhaben.
·
Jeder Mensch darf für sich selber entscheiden.
Steht also wie in der Konvention gefordert der Mensch im
Vordergrund, so müsste sich die derzeitige betriebswirtschaftliche Debatte um die
Kinder- und Jugendhilfe eher in eine Inklusionsdebatte verändern.
Gleichsam müsste das eigentliche Problem, die
Systemfrage, verstärkt in den Vordergrund rücken.
Es liegt an uns, hier die Debatten der Politik zu entzaubern
und ihr den Spiegel vorzuhalten. Anstelle so genannte „betriebswirtschaftliche“
Debatten über Qualitätsstandards und Einsparpotenzial zu führen, sollte Politik
sich an ihre Beschlüsse zur Inklusion erinnern und das, was dort an Inhalten
steht, so die Würde des Menschen.
Gleichzeitig muss sich Politik, wenn Sie denn eine „kapitalistische“
Schuldenbremse aufrecht halten will, die Systemfrage stellen. Wie viele
politische Strukturen benötigt die Bundesrepublik? Welche Verwaltung ist notwendig?
Was kann hier vereinfacht -gar zusammengefasst werden?
Als Anwalt des Sozialen muss daher die Soziale Arbeit das
Wort erheben und die „kapitalistische“ Schuldenbremse in ihre Schranken weisen.
Möge doch die Politik ihre Spiele auf ihrer eigenen
Spielwiese durchführen. Hier gibt es genügend Möglichkeiten über bisherige
föderalistische Strukturen zu debattieren und sich gegenseitig weg zu sparen.
Das Saarland als viel gepriesene Modellregion. Lieber
Bund sei also wachsam, Modelle werden nicht nur im positiven transportiert. Sollte
also das betriebswirtschaftliche und kapitalistische „transparente Systems von
Kennziffern“ zum Ziel führen entsprechende Mittel einzusparen, so wird es – wie
das bereits auf anderen Gebieten bekannt ist, auch in anderen Ländern genutzt.
Wir jedoch sagen „Finger weg von der Kinder- und Jugendhilfe“
und halten der Politik ihre eigenen Beschlüsse sowie die Gesetze vor, an die
auch die Politik gehalten ist.
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