Freitag, 19. Dezember 2014

Gedanken zum Jahreswechsel 14/15

Die Kunst der kleinen Schritte - und mit Ihnen umzugehen

 
Es ist schon wieder soweit. Das Jahr 2014 neigt sich zum Ende. Zeit kurz inne zu halten und zurückzublicken.
Markus Seidel hat einen seiner Romane „Umwege erhöhen die Ortskenntnis“ benannt. Das Buch schildert die Geschichte eines Mannes, der durch Berlin läuft und viele Umwege gehen muss, um immer ein Stück weiter zu kommen.
Am Ende des Jahres 2014 kann ich für mich feststellen, dass ich durch einen „Umweg“ wieder ein wenig meinen Blick geändert habe. Dieser Umweg war die Teilnahme an der diesjährigen Fachtagung des BHP mit dem Titel „Heilpädagogik – Die Kunst der kleinen Schritte“. Entliehen war das Motto aus dem gleichlautenden Gedicht von Antoine de Saint-Exupéry.
Sehr berührt hat mich das Lesungsgespräch „Im geheimen kann Lotta alles“ – von Sandra Roth, der Buchautorin, Journalistin und Mutter von "Ben und Lotta" aus ihrem Buch „Lotta Wundertüte“.
Lenkt diese Geschichte doch unseren Blick weg vom so genannten „Großen und Ganzen“ hin auf „wesentliche Dinge des Lebens“. Ein Lächeln, das zu der Entwicklung eines Menschen gehört und auf uns, die wir inne halten müssen um uns zu erden, die Haltung zu prüfen und unser Leben zu betrachten.
Gerade die Adventszeit stellt uns vor diese Fragestellungen. Und gerade auch das Jahr 2014 mit seinen Entwicklungen fordert ein Innehalten ein. Unterstützt werden wir beim Innehalten von der Weihnachtsgeschichte.

Aus:  Lukas - Kapitel 2

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.  ....... Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.  Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die ward schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, da sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“
„Die Kunst der kleinen Schritte“. Joseph aus Galiläa und Maria machten sich auf den Weg. Nach Lukas heißt es dann: „wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“
Auch heute sind viele Menschen unterwegs. Einige kommen zu uns um hier ein neues Leben beginnen zu können. Wie gehen wir mit diesen Menschen um? Was bedeutet „Die Kunst der kleinen Schritte“ in diesem Kontext für uns? Hilfe geben im Kleinen – dort wo man es kann. Ein Jede_r an ihrem / seinen Platz?

Für den Schutz des so genannten „Großen und Ganzen“ werden von der Politik und Gesellschaft riesige Hürden geschaffen. Zuletzt gar sind Parteien und außer parteiliche Gruppen der Bürgergesellschaft dabei lauthals vor Überfremdung zu warnen? Eine Frage die sich mir hier stellt: sind denn diese Bürger alle nicht in Religionsgemeinschaften, auch nicht in Christlichen? Wenn doch, kennen sie alle die Bibel nicht? Wo bleibt der Respekt, wo die Achtung der Menschenrechte und Glaubensfreiheit, wie sie in unserem Grundgesetz steht?
Ein Blick zurück könnte helfen. Wanderbewegungen gab es in der menschlichen Entwicklung immer schon. Wo wären wir, wenn es die unterschiedlichen Kultureinflüsse bei uns nicht gegeben hätte? Als „Saarländer“ bin ich „sehr“ davon betroffen, wie ich finde aber positiv. Wechselte unsere Region doch in der Historie schon oft zwischen Deutschland und Frankreich bzw. der gerade herrschenden Königs- oder Fürstentümer hin und her? Auch andere europäische Länder haben entsprechend durch Zuwanderung usw. vermischte Kulturen, ich nenne  z.B. Spanien, Italien und Frankreich. Und was ist aus den Zuwanderungsländern wie den USA? Müssen wir nicht vielmehr langsam die wichtige Frage stellen, wie wir uns als Zuwanderungsland aufstellen, den faktisch sind wir das ja schon.
Und wie gehen wir mit den heutigen Grenzen um? Endet "Entwicklung" irgendwann?
Nach Herbert Straif & Hannes Schirmann versteht man unter Entwicklung im Allgemeinen einen "Prozess der Entstehung, der Veränderung bzw. des Vergehens". Erklärt sich vielleicht das Verhalten, das wir zurzeit in der Bürgerschaft erleben aus dem Verständnis heraus, dass bestimmte Gruppen „Angst“ vor „Veränderung“ bzw. vor dem „Vergehen“ haben? Bisherige Privilegien geraten in Gefahr, Veränderungen stehen vor der Tür, neues entsteht oder kann entstehen?
Auch hier habe ich in diesem Jahr eine interessante Erfahrung machen dürfen. Innerhalb einer Debatte an der ich teilnehmen konnte kam plötzlich die Frage des Umgangs mit der Kultur der Migranten_innen in der Gesellschaft auf. Für uns und unsere Gesetzeslagen oftmals ein sehr schwieriges Thema. Ein Kollege aus dem Ruhrgebiet meinte dann „wenn es in der Historie keine Migration gegeben hätte, würde er heute nicht hier sitzen“.
Und die Migration aus Deutschland heraus sollte nicht vergessen werden. Auch Deutsche mussten in der Historie schon flüchten und wurden in den verschiedenen Ländern entsprechend aufgenommen.

„Die Kunst der kleinen Schritte“. Anstatt sich mit Ideologien und nur noch mit dem so genannten „Großen und Ganzen“ zu beschäftigen, sollten wir die „Kleinen Schritte“ gehen und das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren.
Gleichzeitig müssen wir jedoch auch immer einen Blick zu den politisch Verantwortlichen werfen. In einer Zeit der politisch bewusst herbei geführten Unsicherheit geht der Schrei der Politik dann oft in Richtung, dass die Gesellschaft bedeutend mehr Ehrenamt benötigt, womit gleichzeitig auch die Professionalität in Frage gestellt wird. Plötzlich werden die  "Mutter mit Herz", die Menschen im  "Bundesfreiwilligendienst", die vielen "Ehrenamtlichen" in den Mittelpunkt gestellt. All diese Ehrenamtlichen leisten ihren Dienst für die Gesellschaft, ersetzen hierbei jedoch die Professionalität nicht. Die Lösung kann nur heißen: "das eine tun ohne das andere zu lassen". Es liegt an uns an den richtigen Stellen immer wieder darauf hinzuweisen.
Blicken wir noch einmal kurz in die aktuelle Debatte. Das Deutsche Institut für Menschenrechte und die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" definiert Inklusion wie folgt: „Inklusion ist nicht nur eine gute Idee, sondern ein Menschenrecht. Inklusion bedeutet, dass kein Mensch ausgeschlossen, ausgegrenzt oder an den Rand gedrängt werden darf. Als Menschenrecht ist Inklusion unmittelbar verknüpft mit den Ansprüchen auf Freiheit, Gleichheit und Solidarität. Damit ist Inklusion sowohl ein eigenständiges Recht, als auch ein wichtiges Prinzip, ohne dessen Anwendung die Durchsetzung der Menschenrechte unvollständig bleibt….“
„Die Kunst der kleinen Schritte“, somit unsere aller Aufgabe?
 „Lotta ist eine Wundertüte“, sagt ein Arzt. „Man weiß nie, was drin ist.“
Es gibt viele „Lottas“ mit ihren Unterschiedlichkeiten um uns herum. Der Bildungsserver Brandenburg hat eine Definition die mir sehr gut gefällt und die ich gerne verwende: Inklusion bezeichnet einen Zustand der selbstverständlichen Zugehörigkeit aller Menschen zur Gesellschaft. Damit verbunden ist die Möglichkeit aller zur uneingeschränkten Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft. Das Konzept der Inklusion wendet sich damit gegen die Diskriminierung oder das "an den Rand drängen" (Marginalisierung) von Menschen aufgrund zuschreibbarer Merkmale wie z.B. religiöse und weltanschauliche Überzeugungen, Geschlecht, Soziallage, Alter, kulturelle Hintergründe, Hautfarbe, sexuelle Orientierung und körperliche oder geistige Behinderungen. Verschiedenheit wird als Normalität betrachtet.
Halten wir also inne und überdenken wir unser tägliches Handeln. Und geben wir den unterschiedlichen „Lottas“ in der Gesellschaft die Chance, die ihnen zusteht, sowohl in der Zivilgesellschaft als durch die Professionalität.
Ich wünsche allen ein schönes Weihnachtsfest und alles Gute für das Neue Jahr 2015, vor allem Gesundheit, viel Glück und Zufriedenheit und alles Gute auf dem dann nun für jeden  kommenden neuen Weg.
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen